Tagebuch zum COMENIUS-Projekt „Io sono italiano, ich bin deutsch – we are teenagers!“

Wie alles anfing – die ersten spannenden Monate

von Christian Ebinger

Herbst 2010 – Erste Anfrage

Anfrage aus Italien: Frau Wettig erzählt mir, dass die Schule in der Nähe von Rom, an der sie mit Lateinschülern vor einiger Zeit war (und zu der Familie Plum schon vor einiger Zeit den Kontakt hergestellt hatte, denn Plums lebten einige Jahre in Italien bzw. kommen aus Rom!), dass diese Schule also, die auch uns schon besucht hat mit einer Klasse, ein COMENIUS-Projekt mit uns machen will! Bald schon kommen auch Mails von den dortigen Englisch-Lehrerinnen Signora Luchetti sowie Signora Spano, die uns bitten, beim Ausfüllen des Antrages zu helfen, falls wir Interesse hätten mitzumachen.

 

Februar 2011 – Großes Projekt, auf Englisch formuliert

Es wird langsam ernst. Frau Luchetti (sprich Luketti) und Frau Spano haben sich schöne Ideen einfallen lassen, mit denen sie einen Austausch gestalten wollen. Sprachen lernen und vergleichen, sich über E-Mail und Internet-Foren austauschen, Jugendliche Sketche, Musik oder Mauergemälde machen lassen zum Thema: Ich bin Italiener (in den Klassen dort stammen viele Schüler nämlich nicht aus Italien). „Was heißt das, Italiener zu sein, für mich?“, sollen die Jugendlichen erarbeiten und austauschen. Ebenso sollen die deutschen Schüler überlegen, was ihr Motto heißt: „Ich bin deutsch!“ Und als Ergebnis sollen die Jugendlichen dann erarbeiten: „Wir sind Teenager!“ Ihre Freizeitgestaltung, ihre Vorlieben und Wünsche sollen sie überdenken und vergleichen.

Das Ganze haben die italienischen Projektpartner in einem ca. vierzigseitigen Computer-Formular in eleganter englischer Sprache eingetippt! Die Europäische Union, die viel Geld für solche Projekte bereit- stellt, ist da sehr streng. Genau wollen die Projektprüfer wissen, ob die Vorhaben gut geplant sind, ob sie realistisch sind; was als Ergebnis am Ende genau stehen soll, welches europäische Standard-Niveau in Italienisch, Deutsch, Englisch, Latein gemeint ist, welche sozialen, integrativen, nachhaltigen und Bildungsziele mit jeweils welchem Vorhaben abgedeckt werden sollen, wer genau in den Schulen verantwortlich ist. 

 

März 2011 – Fehlender Glaube, dass so etwas wahr werden kann

Es ist geschafft! Die Formulare sind vollständig. Wie viele Schüler unsere Schule genau hat und wie viele Lehrer, wie viel Verwaltungspersonal (bei uns nur Frau Metzger und Frau Mörgenthaler, in Italien eine komplette Verwaltungsabteilung!), das waren so die letzten Details, die vor Absendung noch zu klären waren. Wir mussten auf Englisch die Stadt Pforzheim beschreiben und die Situation unserer Schule und warum wir das Projekt unbedingt haben wollen. Zum Glück haben uns Frau Knobloch und Herr Krug von der Englisch-Fachschaft noch geholfen, die gröbsten un-englischen Formulierungen zu glätten, bevor alles einmal per Online-Formular über Computer und einmal per Papier-Post an die deutsche „Nationale Agentur – Pädagogischer Austausch-Dienst PAD“ nach Bonn geht.

Ehrlich gesagt, ich kann mir nicht vorstellen, dass bei diesen hohen Anforderungen, die in den Bedingungen für eine Bewerbung zu lesen waren, wir bestehen können, denn alles lief neben dem Schulalltag her und wurde ehrenamtlich erarbeitet. Allerdings hatten die beiden Kolleginnen aus Italien den Großteil der Ideen und Arbeit. Sie sind auch die „federführende“ Schule. Aber nun ist es erledigt und im Rückblick sind die Mühen schnell vergessen, denn es schadet nichts, einmal sein Englisch wieder zu üben, mit Italien zu mailen und den Umgang mit so einem digitalen Formular kennen zu lernen.

 

April 2011 – Hohe Hürden bei der Zuteilung europäischen Förder-Geldes

In den Merkblättern steht, dass die Projekte monatelang geprüft werden, von zwei unabhängigen Kommissionen, die sich alles durchlesen und dann Punkte für jedes Detail vergeben. Man muss von 100 Punkten ziemlich viele haben, um genommen zu werden. Das Schuljahr läuft unerbittlich weiter, schriftliches Abitur, MINT-Berufswahlabend und vieles andere nehmen einen in Beschlag, aber ich rechne nicht damit, dass wir mehr Punkte bekommen als andere Bewerber, die sicher viel tollere Konzepte haben.

 

16. August 2011 – Mail mitten im Sommer

Dear Christian,

We got the approval of our Italian Agency!! What about your National Agency? Let me know as soon as you get any news. Let's hope for the best...

Warm regards

Rossella

Diese Mail von Frau Rosella Spano an mich erreicht mich morgens, mitten in den Sommerferien. Während Frau Spano in den folgenden Tagen schreibt, dass sie mit ihrem Mann Kanufahren auf Sardinien war und sich jetzt riesig freut, dass ihre „Nationale Agentur“ die Bewerbung angenommen hat, haben wir in Pforzheim von unserer Agentur aus Bonn noch nichts gehört. Obwohl es hieß, im Sommer wird entschieden!

Ein Projekt kann nur starten, wenn beide Länder unabhängig voneinander grünes Licht geben. Reichen in einem Land die Punkte nicht, findet das Projekt nicht statt. Ich schreibe Frau Spano, dass wir nichts gehört hätten und somit das Projekt wohl erledigt sei. War meine Skepsis also wohl doch richtig.

Die italienischen Lehrerinnen und Lehrer, schreibt Frau Spano, haben zwar längere Sommerferien als wir, aber sie müssen ab dem 1. September an den Schulen sein. Schulbeginn für die Schüler ist dann aber wie in Baden-Württemberg zwei Wochen später. In der Zeit fahre ich mit meiner Frau noch in meinen Jahresurlaub, zwei Wochen Gardasee.

 

19. September 2011 – Überraschung

Unsere Sekretärin Frau Metzger erwischt mich montags auf dem Gang, wo ich von einem Unterricht in den anderen renne: Eine Dame von der Nationalen Agentur – Pädagogischer Austausch-Dienst PAD hätte angerufen, ob wir das Päckchen vor den Ferien nicht bekommen hätten, unsere Bewerbung sei durchgekommen! Wir forschen nach, wo das Päckchen sein könnte, nichts zu finden in der ganzen Schule! Ich rufe unsere Betreuerin in Bonn an und könnte ihr um den Hals fallen, es klappt also doch! Das verschütt gegangene Päckchen (hat es der Paketdienst vor die verschlossen Schultür gelegt, wo es dann weg kam?) ist nicht so schlimm, wir bekommen auf schriftlichen Antrag hin ein neues.

 

26. September 2011 – Wie Weihnachten

Das Päckchen kommt, es ist wie Weihnachten. Es enthält ein Schild, auf dem wir als COMENIUS-Partnerschule 2011—2013 (das Projekt läuft für zwei Jahre) ausgewiesen werden (Partnerschule für Europa sind wir eh schon). Außerdem enthält es die ausgefertigten Verträge, die Herr Kromer als Schulleiter unterzeichnen muss, damit die Förderung anlaufen kann. Ich bin aufgeregt und will alle Bedingungen genau durchlesen. Ganz plötzlich müssen wir jetzt also doch dieses große Projekt realisieren. Wo anfangen? Die Latein-Fachsitzung diesen Herbst hat nun einen Haupt-Tagesordnungspunkt! Die beiden Englisch-Lehrerinnen in Ladispoli (so heißt die Stadt nördlich von Rom – direkt am Mittelmeer) mailen zurück, dass sie sich freuen und auch gerade dabei sind, sich zu überlegen, welche Alterstufe an Schülern beteiligt sein sollen.

 

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